CARDS-BalaBata
Fallbeispiel einer Betreuerin
Fallbeispiel einer Schülerin, die eine BalaBata in ihrem Dorf leitet und dort Grundschulkinder vor und nach der Schule betreut und unterrichtet.
Als BalaBata-Betreuerin wird sie kurz D.O. genannt (Development Organizer).
Name der D.O.: Lakshmi*
Alter: 14 Jahre
Schulklasse: 9. Klasse
Name der Mutter: Anjamma*
Name des Vaters: Raju*
*) Namen geändert
Familiengeschichte
Die Ehe ihrer Eltern wurde von deren Eltern arrangiert. Sie haben im Jahr 2002 geheiratet. Ein Jahr nach der Hochzeit wurden sie mit der Geburt einer Tochter gesegnet, sie nannten sie Lakshmi.
Lakshmis Vater Raju war über die Geburt eines Mädchens sehr verärgert. Ohne auf seine Frau und das Neugeborene Rücksicht zu nehmen, ging er fort und ließ sie alleine zurück. Als er fortging sagte er zu seiner Frau: „Wenn du das Baby nicht umbringst, siehst du mich nie wieder (1).“ Diese Worte machten Anjamma sehr traurig. Sie dachte, von diesem Mann hätte sie keine Hilfe mehr zu erwarten, sie müsste ihre Tochter alleine erziehen, um ihr ein gutes Leben zu ermöglichen. Da sie in einem gemieteten Haus wohnten, sagten ihr einige Leute aus dem Dorf, sie könnten auf dem Gemeindegrund campieren, um sich die Miete zu sparen. Über dieses Angebot war Anjamma sehr froh.
Nach einer Woche kehrte ihr Mann zurück, nachdem er seinen Fehler erkannte. Aber seiner Tochter zeigte er nie Liebe oder Zuneigung. Mutter und Vater lebten wieder zusammen und später, im Jahr 2006, hat Anjamma wieder ein Mädchen zur Welt gebracht. Wieder nahm Raju das seiner Frau sehr übel. Er fing an, Karten zu spielen und Schnaps zu trinken. Für diese schlechten Gewohnheiten gab er all seinen Verdienst aus. Die ganze Last der beiden Mädchen lag nun auf den Schultern von Anjamma.
Im Dorf gibt es nur eine Grundschule. Die weiterführende Schule ist 5 ½ km entfernt. Anjamma hatte Sorge, ihre Kinder auf einen so weiten Schulweg zu schicken, andererseits wäre ohne Bildung ihr Leben ruiniert. Sie im Taxi hinzuschicken war zu teuer. Lakshmis Lehrer hat ein Fahrrad gekauft und es ihr geschenkt. Sie war überglücklich und fuhr jeden Tag mit dem Fahrrad zur Schule, aber wegen der familiären Probleme konnte sie sich nicht auf die Schule konzentrieren. Manchmal fehlte sie im Unterricht, ihr Vater kümmerte sich nicht um die Mädchen, schließlich wurde ihre Mutter krank. Die ganze Last lag nun auf Lakshmis Schultern.
Wie Lakshmi BalaBata kennenlernte
Als Lakshmi gerade draußen war und das Geschirr wusch, hat sie ein BalaBata-Gebietsleiter (ACO) gesehen. Er wunderte sich, dass sie diese Arbeit machte und nicht in der Schule war und fragte sie, warum. Da erzählte sie ihm die ganze Familiengeschichte und auch, dass andere Kinder im Dorf nicht zur Schule gehen würden, weil sich deren Eltern das nicht leisten könnten (2). Unter diesen Umständen entschied sich der ACO, im Dorf eine BalaBata einzurichten. Er setzte Lakshmi als BalaBata-D.O. ein, aber ihre Mutter war nicht einverstanden. Sie sagte, ihre Tochter sei selbst nicht gebildet, wie soll sie da andere unterrichten. Da brachte sie der ACO nach Guntur, damit sie die kulturellen Programme von CARDS ansehen konnte (3). Danach wollte sie als BalaBata-D.O. arbeiten und überzeugte ihre Mutter.
Was sich geändert hat, nachdem Lakshmi D.O. wurde
Der ACO und auch ihre Mutter haben Lakshmi geholfen, die BalaBata mit vier Kindern zu beginnen. Die übrigen Dorfbewohner haben ihre Kinder nicht zur BalaBata geschickt, weil sie dachten, Lakshmi hat wenig Schulbildung, wie soll sie da andere Kinder unterrichten? Lakshmi beendete das 8. Schuljahr in der ersten Notenklasse (4). Darüber hinaus belegte sie beim Aufsatzschreiben Platz 1 auf Kreisebene. Hierzu hat sie BalaBata motiviert. Sie hat im Dorf bewiesen, dass man mit Hilfe von BalaBata alles erreichen kann. Zur BalaBata kamen nun 34 Kinder der 1. bis 4. Klasse. Sechs Kinder wurden für die Aufnahmeprüfung zur staatlichen Internatsschule vorbereitet. Vier von ihnen bestanden die Prüfung und erhielten Internatsplätze (5). Hierüber und über die geleistete Arbeit ihrer Tochter war Anjamma sehr glücklich.
Warum sich die Arbeit als D.O. gelohnt hat
BalaBata war für Lakshmi ein Schritt, ihre Schulbildung fortzusetzen. Sie fand Anerkennung in ihrer Familie und im Dorf. Sie zeigte, dass Bildung nicht nur bestimmten Leuten zusteht. Sie bewies ihrem Vater, dass ein Mädchen nicht weniger wert ist, als ein Junge. Jetzt lebt sie glücklich und zufrieden mit ihren Eltern. Bei der Arbeit als BalaBata-D.O. hat sie vieles gelernt.
Was ihre BalaBata im Dorf möglich gemacht hat
Es wurden Gesundheits-Camps organisiert. Im Dorf wurden mit Hilfe der Samen, die sie von CARDS erhalten haben, Gemüsegärten angelegt. Dadurch erhalten die Dorfbewohner frisches Gemüse und müssen weniger Geld hierfür ausgeben und können einen Teil des Gemüses verkaufen. Mit den Dorfältesten wurde über den Bau eines Wasserreservoirs gesprochen. Mit den Eltern wurde Treffen veranstaltet, wobei sie über die Vorteile von Bildung informiert und zur Bildung motiviert wurden. Eltern, die nicht mit ihrem Namen unterschreiben konnten, haben dies nun gelernt.
CARDS BalaBata hat alle Beteiligten hierzu ermutigt. Sie sind der Organisation CARDS sehr dankbar.
Anmerkungen:
- Die Geburt einer Tochter ist für eine arme Familie eine schwere finanzielle Bürde, weil sie für ihre Mitgift bis zur Hochzeit ein kleines Vermögen sparen müssen. Die Geburt eines Sohnes ist umgekehrt ein Glücksfall.
- Die Kinder müssen Feldarbeit verrichten, um zum Familieneinkommen beizutragen.
- Singen, Tanzen, Spielen, body theatre, Wettbewerbe u.a.
- Die erste Notenklasse erhält man, wenn man 60 bis 100 Punkte von max. 100 Punkten erzielt.
- Diese Internatsschulen sind kostenlos. Sie wurden ausschließlich für Kinder geschaffen, deren Eltern den untersten Kasten angehören, die auf dem Land leben und deren Einkommen unterhalb der Armutsgrenze liegt.
(Oktober 2017, Übersetzung: Franz-Xaver Huber)